Demokratie macht viel Arbeit

Veröffentlichter Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 18. Mai 2011 zum Artikel „Die Macht der Monarchie“

Das Fazit der Republikanisierung der europäischen Gesellschaften seit 1789 fällt in der Tatmager aus, wenn man nicht nur die formalen Verfassungen, sondern die Köpfe und Herzen der Völker betrachtet („Die Macht der Monarchie“, 27. April). Es dauert wohl länger als 200 Jahre, bis der tausendjährige (europäische) Feudalismus daraus vertrieben wird. Karl Valentin hat nicht nur bei der Kunst recht: Auch die Demokratie ist zwar schön, macht aber viel Arbeit. Für jeden.

Leider haben wir keine Mythen, wie Dornröschen und viele andere Märchen, welche die republikanischen Werte in den Psychen der Völker verankert hätten.Wir haben nicht einmal Volkslieder in denen die Vorkämpfer für Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit besungen werden. Das „Volk“ himmelt immer noch die Leute an, für deren Vorfahren sie nur „Kanonenfutter“ waren, damit sie ihre Machtansprüche durchsetzen konnten. In der Psychologie nennt man derartige Verhaltensweisen, bei denen Opfer ihre Täter schützen und sogar verehren „Stockholm-Syndrom“. Die Zuschauerzahlen bei der britischen Thronfolger-Hochzeit zeigen ohne empirische Untersuchungen, wie viele Menschen weltweit immer noch an diesem Syndrom leiden.

Kommentare sind geschlossen.