Veröffentlichter Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 17. Januar 2011 zum Artikel „Finale Begegnung. Die tödlichen Schüsse von München werfen Fragen auf: Sind Bayerns Polizisten im Umgang mit psychisch Kranken geschult?“
In Deutschland wurde die Todesstrafe vor einigen Jahrzehnten abgeschafft – und nicht auf die Polizei übertragen. Bringt man das den Polizisten nicht bei? Bringt man ihnen nicht bei, wie man jemanden kampfunfähig schießt, ohne ihn zu erschießen? Werden Polizisten nicht getestet, wie sie in Stresssituationen reagieren? Das alles erwarte ich als Bürgerin eines Rechtsstaats aber von den Leuten, die junge Leute zu Polizisten mit dem Recht zum Schusswaffengebrauch ausbilden und beschäftigen. Es gibt auch hier ein Organisationsverschulden.
Meiner Meinung nach muss bei Polizisten die Latte, wann durch Notwehr eine Tötung gerechtfertigt ist, aufgrund ihrer Ausbildung höher liegen als bei normalen Bürgern, denen man nicht beigebracht hat, wie man sich professionell verteidigt.
Auffallend ist, dass bei vielen Berichten über derartige Fälle der Eindruck erweckt wird, als sei hier der Polizist, der „schießen musste“, das Opfer. Ich möchte als Bürgerin aber von Polizisten beschützt werden, die in der Lage sind, Straftäter kampfunfähig zu schießen.
Der Fall Tennessee Eisenberg in Regensburg – bei dem ein 24-jähriger Musikstudent, der mit einem Messer bewaffnet und offenbar in einer schwierigen psychischen Situation war, am 30. April 2009 von mehreren Polizisten mit zwölf Kugeln erschossen wurde – ist nur ein besonders krasser, wenn auch exemplarischer Fall. Die Familie Eisenberg, die gegen die abstruse Rechtfertigung „Notwehr“ den Rechtsweg beschritt, hat bisher in allen Instanzen verloren. Die Justiz schützt offensichtlich ihre „schwarzen Schafe“.