Veröffentlichter Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 24. Juli 2014 zum Artikel „MÜNCHNER POLIZEIPRÄSIDENT VERSETZT VERURTEILTEN BEAMTEN WIEDER IN DIENST. Schläge, die dem Ansehen schaden“
Dieser Polizeipräsident hat sich mit dieser Entscheidung als Totengräber des Rechtsstaats, den des bisher ohnehin nur rudimentär gibt, empfohlen. Ich habe mir zu Recherchezwecken denganzen Prozess gegen den Prügelpolizisten W. angesehen. Herr W. war auch noch am Ende der Berufungsverhandlung uneinsichtig und bestand darauf, dass es eine Notwehrhandlung war, einer gefesselten jungen Frau das Gesicht zu Brei zu schlagen. Der Amtsrichter fand dafür nur sieben Monate Freiheitsentzug (auf Bewährung natürlich) angemessen.
Der Richter wusste natürlich, dass bei zwölf Monaten eine Entlassung aus dem Polizeidienst unvermeidlich gewesen wäre. Es war ein junger Amtsrichter, der sicher noch Karriere machen will. Die beiden Pressesprecher von Polizei und Justiz haben den gesamten Prozess mit Argusaugen verfolgt.
Mit dieser Haltung hat Herr W. selbst bewiesen, dass es kein „Augenblicksversagen“ war, sondern bei ihm wegen Uneinsichtigkeit Wiederholungsgefahr besteht. Schlimm ist diese Entscheidung von Herrn Andrä vor allem, weil die Botschaft an alle Polizisten lautet: Auch wenn euch mal die Faust ausrutscht – ist nicht schlimm, euch passiert schon nichts, außer vielleicht ein langer Urlaub bei vollem Gehalt. Bei der Untersuchung der Polizeigewalt in Deutschland von Amnesty International wurden vor wenigen Jahren 4000 (!) gewalttätige Übergriffe imJahr von Polizisten auf Bürger festgestellt. Die Dunkelziffer dürfte noch viel höher sein, weil viele Bürger die Taten auf Anraten ihrer Rechtsanwälte gar nicht mehr anzeigen, weil sich inzwischen herumgesprochen hat, dass in der Regel sie selbst dann auf der Anklagebank wegen Widerstands gegen Vollzugsbeamte sitzen. Die Entfernung aus dem Dienst wäre deshalb auch aus „generalpräventiven Zwecken“ – ein sehr üblicher Strafzweck – notwendig gewesen.
Merkwürdigerweise zeigen die Polizisten die angeblichen Gewalttaten der Bürger meist erst an, wenn sie von den Bürgern angezeigt wurden. Und für die Justiz sind die Polizisten immer glaubwürdiger als die Bürger, selbst wenn diese selbst höchst ehrenwerte Menschen sind, wie ehemalige Polizisten oder Gymnasiallehrer.
Fazit: Wir leben immer noch in einem Obrigkeitsstaat, wo sich die von den Bürgern mit Macht ausgestatteten Personen alles erlauben können, ohne dass ihnen etwas
passiert.