Veröffentlichter Leserbrief in der Süddeutschen Zeitung vom 10. Januar 2013 zum Artikel „ORGANSPENDE-SKANDAL. Gute Tat, noch besseres Geschäft“
Wer das Negative tut, bewirkt manchmal auch das Positive. So könnte man den Effekt der Vergabemanipulationen bei den Organspenden zusammenzufassen. Mephisto lässt grüßen. Die Bereitschaft, aus „Nächstenliebe“ seine Organe zu spenden, ist massiv eingebrochen, weil sich langsam die Erkenntnis etabliert, dass die „Nächstenliebe“ hier nur von einer Seite, von den Organspendern nämlich, eingefordert wird.
Das gesunde Misstrauen etabliert sich langsam, obwohl die Bürger über das umsatzstarke Geschäft, das hinter der Transplantationsmedizin steht, noch gar nicht aufgeklärt wurden. Es geht auch um den Verkauf der Immunsuppressiva,die Transplantierte bis zu ihrem Tode nehmen müssen. Dabei geht es für die Pharmafirmen um weltweite Milliardenumsätze. Deutschland ist mit der Zustimmungsregelung natürlich eine Umsatzbremse.
Durch die Vergabemanipulationen, für die Ärzte verantwortlich sind, die aus anderen Motiven als die Pharmaindustrie die Transplantationen befördern möchten, merken die Bürger langsam, dass hier etwas faul ist. Es ist leider mehr faul, als die meisten sich vorstellen können. Schon die Grundlage, auf der dieBürger die Entscheidung für die Organspende treffen sollen, ist eine Lüge. Die Organe werden im Fall des Falles nämlich Sterbenden – und nicht etwa Toten – entnommen. Das „Hirntod-Konzept“, das 1968 an der Stanford-Universität gezaubert wurde, um die erste, bereits stattgefundene Herztransplantation zu rechtfertigen, ist in Deutschland bei vielen Medizinern und Patientenanwälten umstritten.
„Sterben ist ein Teil des Lebens, in dem der Mensch besonderer liebevoll-mitfühlender Begleitung und leidensmindernder medizinischer Hilfen bedarf“, heißt es im „Nürnberger Kodex“ von Ärzten, die allein humanen Prinzipien verpflichtet sind. Diese liebevoll-mitfühlende Begleitung des Sterbeprozesses bis zum Ende ist bei Organentnahmen nicht möglich. Infamerweise wird uns eingeredet, dass dies im Namen der „Nächstenliebe“ geschähe und nicht etwa im Namen der Pharmaindustrie und aller anderen, die daran Geld oder Ruhm verdienen.